Eine Möglichkeit, auf Enttäuschungen zu reagieren, ist die Verbitterung. Ein verbitterter Mensch nimmt z.B. die Verantwortung für Fehlentscheidungen nicht auf sich, sondern schiebt sie anderen zu. Diese oder dieser Mensch(en) wird in der Folge angefeindet, weil die „Beglückung“ ausfiel.
Die Transaktionsanalyse kennt drei Möglichkeiten, auf erlebte Enttäuschung zu reagieren
- Kind-Ich: Aus dieser Haltung heraus, die gehorsam, duldsam, weinerlich ist, läuft die Kommunikation „schief“, nämlich von unten nach oben, von klein nach groß. Die Energie, die notwendig wäre, um aktiv eine Veränderung anzugehen, wird zurückgehalten. Aus dieser Haltung heraus wird auch öfter bockig und halbstark rebelliert.
- Eltern-Ich: Hier erfolgt die Kommunikation von oben nach unten, wobei zwei Varianten des Eltern-Ich möglich sind: Das liebevolle, verwöhnende Eltern-Ich: Die „Kleinen“ werden niedergestreichelt, was diese an Wachstum und Selbstbestimmung hindert. „Ich weiß, was für dich gut ist“, „Ich bin der/die Einzige, die dich versteht“.
Das kritische, nörgelnde Eltern-Ich: Ein „Vorbild“ wird aufgepfropft, das Kind strampelt sich ab, um dem zu genügen und gibt letztendlich auf. Menschen in dieser Haltung zeigen oft Chef- Gehabe und Machtgebaren. - Erwachsenen-Ich: Die Realität wird zur Kenntnis genommen und die Person hat reife Entscheidungskraft entwickelt. Sie setzt ihre Energie sinnvoll ein und „spielt“ nicht mit ihr.
Für die Kommunikation ist grundlegend, dass das Gehörte in den jeweils anderen eindringt und man in gewisser Weise verbunden ist. Das heißt für jedes konkrete Gespräch: Man ist nicht mehr ganz frei – man „sendet“ oder „empfängt“ mit allen Sinnen, mit Sprache, Gestik Mimik – oder, nach Watzlawick: Man kann nicht nicht kommunizieren (selbst wenn nichts gesprochen wird).
Die Kommunikation fällt entsprechend der individuellen Wahrnehmung und der jeweiligen Ich- Zustände der Beteiligten dann öfter anders aus, als man möchte oder es besser wäre. Das Ziel besteht darin, aus dem Erwachsenen – Ich heraus zu kommunizieren, damit sich eingespielte unglückliche Verhaltensweisen zum Besseren verändern.
Ich muss mich also grundsätzlich fragen:
Was für ein Mann, was für eine Frau möchte ich sein?
- An wem oder was orientiere ich mich?
- Will ich friedfertig sein? Versöhnlich?
- Liebenswert?
- Respektvoll?
- Wohlwollend?
- Großzügig?
- Korrekt? Vertrags- und gesetzestreu?
- Freundlich?
- Gelassen?
- Rücksichtsvoll?
- Mitfühlend und Mitfreuend?
Oder will ich sozial unerwünschtes, kräftezehrendes und trennendes Verhalten an den Tag legen? Muss ich mit dem anderen kämpfen, oder kann ich ihn auch um etwas bitten? Zwar ist es nicht sinnvoll, die Kampfbereitschaft vollständig aufzugeben – manchmal braucht man sie.
Aber gerade in der Beziehung zum Partner ist es besser, Wunsch und Verzicht selbst in Balance zu bringen, in sich hineinzuhorchen, nicht abzurutschen in destruktive Verhaltensweisen und auch eine abgeschlagene Bitte zu respektieren – und dem Gegenüber das zu sagen. Wenn man kämpferisch miteinander umgeht, lernt man nichts dazu.
Was und wie der andere oder die anderen kommunizieren, liegt außerhalb meiner Macht! Ich kann immer nur bei mir selbst ansetzen, mich vorbereiten, mich schulen, Kampfangebote wahrnehmen und Alternativen finden/ erfinden, mein Verhaltensrepertoire erweitern, an meinem eigenen seelischen Wachstum arbeiten. Meine eigene Unabhängigkeit bewahren. Verantwortung für mein Handeln übernehmen.
Und ich kann mich entscheiden, eine liebevolle Haltung zu entwickeln: Auf Erwartungen verzichten, keine Bedingungen stellen und wertendes Denken – Schubladendenken – ausschließen. Ich kann die Existenz des anderen einfach dankbar annehmen.
Wenn man sich verliebt, besteht manchmal die Gefahr, keine „erwachsene“ Beziehung aufnehmen zu können, sondern eine Sohn-Mutter oder Tochter-Vater Beziehung. Solche „schiefen“ Beziehungen sind dadurch gekennzeichnet, dass jeder Teil vom anderen etwas Bestimmtes erwartet – eben genau das, was man in der Elternbeziehung bekommen oder auch nicht bekommen hat. Und da es oft schon in den Primärbeziehungen der frühen Kindheit an väterlicher oder mütterlicher Zuwendung und Zärtlichkeit gemangelt hat, wählen viele Menschen „traumwandlerisch“, dabei jedoch treffsicher, wieder Partner, bei denen sie die gewohnten Beziehungsmuster erneut erleben.
Kindern bleibt ja nur die Wahl zwischen Anpassung an das elterliche Vorleben, Kritik daran und Verweigerung, oder das Abtauchen in „Bessere- Welt- Vorbilder“ (z.B. über Bücher, Werbung, Bilder, Internet, Filme etc.).
Mythen und Glaubenssätze unterstützen die Haltung, die entwickelt wird. Anpassung ist in den frühen Jahren das probate Mittel, denn ein Kind liebt seine Eltern und will wiedergeliebt werden.
Beziehungen zwischen zwei Erwachsenen können gelingen, wenn solche „Spiele“ frühzeitig erkannt und beizeiten wohlwollend zurechtgerückt werden. Dazu gehört die Reflexion des eigenen Verhaltens und das Durchbrechen alter „Verhaltensmuster“. Das ist allein schwer zu meistern, denn es ist nicht einfach. Man benötigt in der Regel professionelle Unterstützung.
Zur Wertschätzung meines Gegenübers gehört der Dialog auf gleicher Augenhöhe – und den gilt es, unbeirrt durchzuhalten. Man stelle sich vor, welche Belastung es für eine Partnerschaft ist, wenn einer der Partner aus dem „kritischen Eltern-Ich“ heraus agiert und reagiert und sich als Rechthabender und Richter aufspielt.
Gefühle, die das Selbstbild und damit die Souveränität im Umgang miteinander ins Schwanken bringen, sind Hass, Angst, Sehnsucht und Verwirrung.
So genannte „Kaktusmenschen“ denken Gefühle, fühlen sie aber nicht. Sie sind eher im Kopf als im Herzen.
Kaktusmenschen fühlen sich in schizoiden* und zwanghaften* Verhaltensweisen wohl (*Riemann, Grundformen der Angst). Sie lassen andere nicht gern „ihren Vorgarten betreten“, sind eigenbrötlerisch und pedantisch – das gibt ihnen Sicherheit.
Nähe verlockt jedoch zur Aufgabe der seelischen wie auch körperlichen Grenzen – und genau diese Entgrenzung fürchten sie, die Aufgabe von Kontrolle. Sie können sich nicht eingestehen, dass sie wirklich lieben, wenn ihr Herz ihnen befiehlt, die gewohnte Kontrolle über sich und den anderen aufzugeben und sich entblößt zu zeigen.
Beim Geschlechtsverkehr, der manchmal als Erniedrigung erlebt wird, fürchten sie den Kontrollverlust ihres Egos.
Diese Menschen wurden als Baby „schlecht“ geliebt – nicht, weil die Eltern das nicht wollten, sondern weil sie auch nur das weitergeben konnten, über das sie selbst verfügen. Das entschuldigt das Verhalten keineswegs, doch es erklärt die Zusammenhänge. Das „Innere Kind“* (Das Kind in dir muss Heimat finden, Stefanie Stahl) ist verletzt und kämpft auf seine Weise um Anerkennung und Liebe.
Aus der Not heraus, nicht um seiner selbst geliebt zu werden, sondern nur für etwas, was andere von ihm erwarten und was ihm aufgepfropft wurde, entwickelt der Kaktusmensch in seinem übersteigerten Narzissmus ein überhöhtes Ideal von sich selbst, verbunden mit dem Glauben, tatsächlich über den anderen zu stehen. Er erpresst auch gern. Er spielt gern den „Unberührbaren“. Er will die Selbstachtung des anderen treffen und verletzen. Der Kaktusmensch „spielt“ sein Spiel, denn er hat aus seiner tiefsitzenden Kränkung heraus überschüssige negative Energie, die er loswerden will. Wenn er z.B. mit seinem „Latein“ am Ende ist, erlebt er das als peinlich und kränkend. Er verschleiert das erstmal durch Herabsetzungsmanöver und Aggressionen.
Will man auf dysfunktionale Kommunikation verzichten und auf Streitsucht nicht mit Gegenangriff reagieren, bietet sich das direkte An- und Aussprechen und Erklären von erlebten Gefühlen, Befürchtungen, Ängsten, Wünschen und Bedürfnissen an.
Deeskalierend zu reagieren kann man sich vornehmen. Man kann sich aber auch schützen.
- Ich gehe respektvoll auf den Sachinhalt der Botschaft ein.
- Tonfall, Wortwahl, Gestik und Mimik lassen Gewaltverzicht erkennen.
- Auf freundliche, zugewandte Art und auf eine ruhige Stimme achten.
- Interesse signalisieren.
- Realität wahrnehmen – weder sich noch den anderen belügen.
- Humorvoll sein, sich selbst auch mal auf die Schippe nehmen.
- Z.B. humorvoll eine Bedienungsanleitung für sich selbst geben: „Jetzt kommt eine Bedienungsanleitung für…“. Hiermit werden Informationen an andere gegeben, die es ihnen leichter machen, mich und meine Verhaltensweisen besser zu verstehen.
- Mit Leichtigkeit und leichtem Herzen reagieren: „Wie geht es dir damit eigentlich?“ Deutlich machen, dass man den anderen in seinem Ausdruck wahrnimmt.
- Ein Kompliment machen, sich bedanken.
- Sich (absichtlich) dumm oder ahnungslos stellen- der andere hat so die Möglichkeit, sich näher zu erklären.
- Wenn jemand löchert, drängt: Hier hilft es, freundlich den nur einen Satz zu wiederholen: „Wie ich dir schon gesagt habe, passt das nicht in meinen Zeitplan …habe ich schon eine andere Entscheidung getroffen.“
- Ein-oder Zwei-Wort-Sätze als Antwort geben: „Aha“, „soso“, „na geh“, „nicht wirklich“ oder: „da muss ich nochmal drüber nachdenken.“
- Abwarten und ein inneres Stoppschild etablieren: Stechende Energie aushalten, durchatmen, Energie sammeln – sich distanzieren oder verhandeln.
- Enttarnen: „Du bist schon ein hinterhältiger Mensch, oder?“
- Eigene Gefühle wahrnehmen und sich diese Impulse als Freund(in) vorstellen: Dann warnt uns die Freundin „Wut“ z.B. und stellt uns Kraft für Alternativen zur Verfügung.
Ich wünsche meinen Lesern gutes Gelingen bei der Umsetzung dieser Anregungen.
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