Etwas zur Sprache bringen
Es ist immer leichter, andere aufzufordern, ein Problem zur Sprache zu bringen. Vieles ist leicht gesagt, aber dann schwer getan. Es ist keine Selbstverständlichkeit, Beobachtungen, Eindrücke und persönliche Gefühle in einem Team, in einer Gruppe oder gar in einer Partnerschaft zur Sprache zu bringen, weil es immer auch ein wenig riskant ist, etwas zu sagen, was andere nicht sagen und die Gefahr der gegenseitigen Kränkung besteht.
Es gibt thematische Grenzen, die dem Einzelnen Schutz bieten und dafür sorgen, dass Menschen, die tagtäglich miteinander zu tun haben, sich nicht ohne Not verletzen. Wenn diese Grenzen aber verhindern, dass z.B. Probleme in der Zusammenarbeit oder im Zusammenleben besprochen werden, dann ist der Preis für den Schutz vielleicht zu hoch. Natürlich wird über die jeweiligen Schwierigkeiten trotzdem gesprochen – aber nicht offen, sondern indirekt, andeutungsweise, in Anklagen oder spitzen Bemerkungen, in der „Teeküche“ oder auf dem Flur- also hinter dem Rücken dessen, den es betrifft.
Allerdings ist es auch wichtig, eine klare Einschätzung davon zu haben, was nicht ins Gespräch gehört, was draußen bleiben soll, worüber geschwiegen wird – vor allem im Team. Damit befasse ich mich im Folgenden:
Nach einer Phase des Abwartens, des Schweigens, des sich Zurücknehmens möchte man nun jedoch Ärger loswerden, oder eine Veränderung anstoßen; andererseits hat man Angst vor den Folgen: Man könnte z.B. in eine „Spannung“ zur Restgruppe geraten, die eventuell mit Ablehnung reagiert, man wird kritisiert, belächelt, oder Offensichtliches wird schlichtweg geleugnet. Die Reaktion der anderen ist ungewiss und macht Angst, da ja auch evtl. die thematischen Grenzen des Teams überschritten, bzw. erweitert werden müssen.
Aus diesen und noch mehr Gründen zögern nicht nur Teammitglieder und Teamleiter, sondern auch Berater, Teamprobleme, die sie deutlich sehen, auch genauso deutlich anzusprechen. Dennoch: Alle an der Teamarbeit Beteiligten, die Mitglieder, der Leiter und auch der Berater stehen immer wieder neu vor der Entscheidung, etwas Schwieriges/ Belastendes in der Arbeit anzusprechen.
Folgende Schritte helfen dabei, das Ansprechen von Beobachtungen und Schwierigkeiten zu üben:
- Vorlauf
- Zuerst muss der Entschluss gefasst werden – dazu gehört Mut, es ist der 1. Schritt.
- Ein- zwei Verbündete suchen und vorher mit ihnen das Thema besprechen – man bekommt ein Gefühl für mögliche Reaktionen.
- Die Verabredung treffen, sich in der Situation gegenseitig zu unterstützen – man steht dann nicht allein da.
- Wenn ein Zögern verhindert, das Problem anzusprechen: nochmal prüfen, ob das Problem womöglich gar nicht mit dem Team/ Problemverursacher zu tun hat, sondern eher mit einem selbst? Mit eigenen Ängsten, eigenen Problemen?
- Wem gegenüber soll das schwierige Thema angegangen werden?
Ein Thema sollte immer zunächst mit denen, die es direkt betrifft, besprochen werden.
Wer einem Kollegen eine Rückmeldung geben möchte oder vom Chef etwas fordern will, tut dies am besten unter vier Augen, vor allem dann, wenn es sich um ein Thema zwischen Ihnen und einer anderen Person handelt. Es im Team zu diskutieren erhöht die Verletzungsgefahr und vermindert die Bereitschaft des Angesprochenen, sich zu öffnen.
Teamthemen gehören dagegen ins Team und alle Beteiligten müssen anwesend sein.
Wenn z.B. immer wieder Arbeitsbereiche nicht sauber und unordentlich hinterlassen werden, wenn Beschlüsse nicht umgesetzt werden oder das „Klima“ nicht stimmt, dann sollte eine Diskussion darüber mit allen Beteiligten stattfinden.
Eine Auseinandersetzung zwischen den Konfliktparteien kann aber auch stattfinden, wenn nicht alle Kollegen/ Beteiligten „greifbar“ sind. Die Informationen über den Ausgang oder weitere Schritte werden dann allen mitgeteilt.
- Der Rahmen muss stimmen:
Der Zeitpunkt (Datum), die Uhrzeit und Dauer und der Ort werden festgelegt.
- Eine Ankündigung/ Einladung mit diesen Daten gehen an den/ die Gesprächspartner, damit diese(r) sich nicht „überfallen“ fühlt. Um eine zeitnahe Rückmeldung/ Bestätigung wird gebeten.
- Sie und Ihre Unterstützer bereiten sich vor: Beobachtungen, Argumente etc. und tragen Sorge, dass man ungestört sprechen kann.
- Das Thema richtig setzen
Ein Team „bewacht“ seine thematischen Grenzen und auch ein Einzelner hat Möglichkeiten, ein Thema ganz lapidar vom Tisch zu wischen: „Haben wir schon alles versucht…“, „Sie kennen mich doch – dafür bin ich in dem Bereich… 100%ig“…oder„Ich bin das nicht allein, wenn ich …übernehme, sieht es auch manchmal schrecklich aus…“, oder (kokett) „Ich weiß, dass ich da nicht so verlässlich (ordentlich) bin, mea culpa, ich kriege es einfach nicht besser hin…“.
Damit im Team ein Thema nicht untergeht, oder einfach „weggehört“ wird, sollte berücksichtigt werden, dass die Chefin oder ein einflussreiches Teammitglied das Thema auf den Tisch bringt. Sie haben es leichter, sich Gehör zu verschaffen als z.B. Außenseiter oder als streitlustig bekannte Kolleginnen. Manchmal ist das Thema so bedrohlich, dass es vor lauter Angst nicht besprochen werden kann – Stille auf allen Ebenen oder Herumgedruckse. Hier ist eine externe Unterstützung angemessen. In diesem Fall muss das Thema der Beraterin bekannt sein, damit die Moderation vorbereitet werden kann.
- Die richtigen Worte finden
Das ist in erster Linie eine Frage des persönlichen Stils, der Sprecher sollte sich und sein Anliegen jedoch wichtig nehmen und dies zum Ausdruck bringen. Wer wirklich die Meinung der anderen hören will und sie erfragt, sollte selbst eine haben und nicht hinter dem Berg halten. Wer findet, dass andere ihm immer Arbeit zuschieben oder ihre Aufgaben nicht korrekt erfüllen, sollte das auch sagen. (Anstatt die Kollegen zu fragen: „Findet ihr das nicht auch?“…)
- Ich- Botschaften sind besser als Du- Botschaften, da sie Wünsche und Appelle des Sprechers zum Ausdruck bringen
Wie leise, wie laut, ob sanft oder schärfer entscheidet jeder selbst – er sollte jedoch seinen Konfliktpartner auch einschätzen können und lösungsorientiert an die Sache herangehen.
Wichtig dabei ist: so klar und deutlich wie möglich.
Klar heißt: geordnet, verständlich und mit Beobachtungen illustriert.
Deutlich heißt: mit einer emotionalen Kontur versehen, mit der nötigen Kraft, mit dem nötigen Nachdruck.
- Das Beenden
Heikle Themen werden im Team oftmals ergebnislos besprochen. Alle sind irgendwann erschöpft. Daher muss an dieser Stelle (Zeit ist z.B. abgelaufen) der Gesprächsstand gesichert werden:
„Wo stehen wir jetzt? Wie weit sind wir gekommen? Was steht noch zur Klärung an?
- Verabredungen/ Vereinbarungen werden getroffen, Aufgaben verteilt und Beschlüsse werden gefasst. Ein neuer Termin wird vereinbart. Das alles wird schriftlich festgehalten und ihre Wirkung/ Auswirkung wird in absehbarer Zeit überprüft.
Gleiches gilt für das 4- Augen Gespräch. Auch wenn keine Lösung in Sicht ist, muss das Ergebnis schriftlich fixiert und entschieden werden, was mit dem Problem geschehen soll.
Manchmal ist das Problem auch schon durch die Auseinandersetzung damit bereinigt.
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